Heute brachte ich einen Aufkleber: “Bitte keine Reklame” an meinem Briefkasten an, denn bereits in der ersten Woche seit meinem Einzug hatte ein malefiziöses Heer von Zettelausträgern meinen Briefkasten mit ihrem Zettel- und Zeitungsmüll vollgestopft.
Es wollte der Zufall, dass neben mir gerade ein Austräger einer kostenlosen Werbepostille sein lästiges Werk verrichtete und mich tatsächlich fragte, ob ich mir nicht ein Exemplar mitnehmen wolle. Ich antwortete mit einem hintergründig mürrischen “Nein, Danke!”, zog den mitgebrachten Aufkleber aus der Tasche und klebte ihn auf die Briefkastenklappe - nicht ohne mir dabei heimlich ins Fäustchen zu lachen.
Der Zeitungsausträger, ein schätzungsweise 55jähriger, leicht ramponierter Typ, war empört: “Damit machen Sie die Zeitung kaputt!” sagte er in vorwurfsvollem Ton und starrte mich an, wie ein Fabrikarbeiter den Insolvenzmanager. Ich sah mich genötigt, mich zu rechtfertigen - wollte ich doch niemandem etwas Böses, sondern nur einfach in Ruhe gelassen werden mit dem Werbemüll und den Zeitungen, deren Aufmacher in der Regel die tolle, neue Rabattaktion von Fliesen-Kiessling ist. Also entschuldigte ich mich: “Tut mir leid” bedauerte ich, “aber ich will diese Zeitung nicht haben!” “Ja, aber dann verlieren wir alle unseren Job!” gab der Zeitungsheini mit hängenden Tränensäcken zurück.
Ich lasse mir wirklich nur ungerne sagen, ich sei durch mein Tun und Unterlassen verantwortlich für den Jobverlust eines Unglücklichen - und so versuchte ich mit der chronischen Briefkastenverstopfung zu argumentieren: “Wenn ich mal ein paar Tage nicht da bin, dann ist mein Briefkasten mit dem ganzen Werbezeugs verstopft! Und da wird immer weiter nachgestopft und meine Post passt nicht mehr rein! Ich will das nicht! Und abgesehen davon brauche ich es nicht. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie auch nur eine Zeile in so einer Zeitung gelesen. Ich kann Ihnen da nicht helfen.”
Der Zeitungsmann war nicht bereit, seine Perspektive auf die Dinge durch meine zu erweitern: “Wegen so was werden wir arbeitslos! Und die Zeitung geht kaputt wenn keiner…..” Ich drehte mich um und ging, während mir der Unheilsprophet der von mir verschuldeten Massenarbeitslosigkeit noch weiter hinterher rief.
Er hatte wohl spitz gekriegt, dass mich der Anwurf, seine zukünftige Notlage verschuldet zu haben, nicht ganz kalt gelassen hatte. Bevor sich die Aufzugstür schloss, hörte ich ihn noch sagen: “….und wir verlieren unsere Arbeit! Das hat nämlich alles zwei Seiten….”
Und nun? Jetzt werde ich wohl oder übel meine Ersparnisse dazu verwenden müssen, eine Anzahlung auf einen Schaufelradbagger zu leisten. Ich brauche zwar keinen Schaufelradbagger, aber wenn ich ihn nicht kaufe, gehen in der schaufelradbaggerverarbeitenden Industrie Arbeitsplätze verloren. Und wer möchte da schon gerne schuld sein? Also ich nicht!
In meiner neuen Wohnung fand ich einen nagelneuen Brausekopf in der Duschkabine installiert. Durch Betätigen eines Hebelmechanismus wird aus der Brause eine Massagedüse, die einen harten, pulsierenden Strahl auf den Duschenden abfeuert. Man darf mit diesem unter keinen Umständen auf die eigenen Eier zielen, denn das tut sehr, sehr weh! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
DER DURSTIGE DEZEMBERPEGASUS
www.myspace.com/derdurstigepegasus
Montag, 15.12.08, pünktlich 20 Uhr
Moritzbastei zu Leipzig
Eintritt kostenfrei
www.moritzbastei.de
Mit Theater/Radio/Literatur & Kleinkunstsuperheld MAX REEG
www.maxreeg.de
Der Mann brachte Karl Valentin´s Ritter Unkenstein auf Sächsisch auf die Bühne. Der Mann war der künstlerische Leiter der Würzburger Werkstattbühne. Er steht mit seinem Kumpel Steffen Lukas fürs Sinnlos Telefon bei PSR, er schreibt dadaistische Gedichte und fuhr mit ihnen durch Land, er macht Filme, Hörspiele und tolle Lieder. Und er ist das Weihnachtsgeschenk des durstigen Pegasus für sein Publikum. Verraten wird noch nicht, was Max Reeg vorhat, aber er ist Bühnenross genug, um alle Eventualitäten mit seiner außergewöhnlichen Präsenz zu bespielen. Dazu gibt’s noch junge nachwachsende literarische Talente und Volly Tanner als Moderator und Beschenker. Lasst uns den Winter auslachen. Gute Literatur für gute Menschen!
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So stehts in der Vorankündigung. Ich weiss wirklich noch nicht so genau, was ich da mache, aber es werden sicher viele eigene Texte zum Vortrag gelangen, womöglich abgeschmeckt mit etwas Schwitters, Goldt und Gernhardt. Tendenziell also gehobene, lustige Lyrik. Nicht mal Tiefgang kann ich völlig ausschliessen! Und versprechen erst recht nicht….
Bei einem Spaziergang ertappte mein Hund einen Maulwurf, der über die Straße laufen wollte. Er sprang immer wieder auf ihn und ließ ihn dann wieder los, denn er ist noch jung und furchtsam. Zuerst belustigte es mich und die Aufregung des Maulwurfs besonders war mir angenehm, der geradezu verzweifelt und umsonst im harten Boden der Strafre ein Loch suchte. Plötzlich aber als der Hund ihn wieder mit seiner gestreckten Pfote schlug, schrie er auf. Ks, kss so schrie er. Und da kam es mir vor – Nein es kam mir nichts vor. Es täuschte mich bloß so, weil mir an jenem Tag der Kopf so schwer herunterhing, daß ich am Abend mit Verwunderung bemerkte, daß mir das Kinn in meine Brust hineingewachsen war. Aber am nächsten Tag hielt ich meinen Kopf wieder hübsch aufrecht. Am nächsten Tag zog sich ein Mädchen ein weißes Kleid an und verliebte sich dann in mich. Sie war sehr unglücklich darüber und es ist mir nicht gelungen, sie zu trösten, wie das eben eine schwere Sache ist. Als ich an einem andern Tage nach einem kurzen Nachmittagsschlaf die Augen öffnete, meines Lebens noch nicht ganz sicher, hörte ich meine Mutter in natürlichem Ton vom Balkon hinunterfragen: »Was machen Sie?« Eine Frau antwortete aus dem Garten: »Ich jause im Grünen.« Da staunte ich über die Festigkeit, mit der die Menschen das Leben zu tragen wissen. An einem andern Tage freute ich mich mit einem gespannten Schmerz über die Erregung eines Tages, der bewölkt war. Dann war eine verblasene Woche oder zwei oder noch mehr. Dann verliebte ich mich in eine Frau. Dann tanzte man einmal im Wirtshaus und ich ging nicht hin. Dann war ich wehmütig und sehr dumm, so daß ich stolperte auf den Feldwegen, die hier sehr steigend sind.
Aus einem Brief an Max Brod
…..ist dieses:
“Meine Ohrmuschel fühlte sich frisch rauh kühl saftig an wie ein Blatt.”
….schrieb mir heute der edle Revolutionär Volly Tanner!
2007 – wieder stehen – widerstehen!
Wisst ihr
Als über Lindenau
Heute früh die Sonne aufging
Wusste ich, dass wir
Kamtschatka sein können
Feindselig und unerbittlich
Eine Reise, weiter
Als jede zuvor
Dass wir ein lebender Putschversuch
Eine brennende Stadt mehr
Ein explodierendes Undergroundnetz
Sein können
Und müssen
Dass wir uns über alles legen
Und die flackernden, nie müde werdenden
Lichter der Unvernunft raushalten können
Aus unseren Leben
Wisst ihr
Als über Leipzig
Heute früh die Sonne aufging
Wusste ich, dass wir
Noch Kraft haben Widerstand zu leisten
Dass die Entscheider uns unterschätzen
Wenn sie denken, sie haben uns mürbe gemacht
In den Katakomben
Gibt’s wieder Selbstverteidigungskurse
Für die Ratten, abnagen der Kabel ist angesagt
Um die Verbindungen zu unterbrechen
Die AOM, die Allianz der Outlaws & Magier
Ruft zum Gefecht
Am zweiten Weihnachtfeiertag
Während die Konsumkrake
Sich unter den Festtagsbäumen breit macht
Und den Menschen versucht
Bedürfnisse einzureden
In den Nachbarkäfigen mischen
Unsre Mithäftlinge Geschichten
Die übrig bleiben
Wenn alles den Bach runtergeht
Wisst ihr
Als über diesem Teil
Unsres Planeten
Heute früh die Sonne aufging
Wusste ich, dass wir Legion sind
Dass die Wellen aus Dumpfheit
Und Arroganz ihren höchsten Stand erreicht haben
Und eine neue Zeit beginnt
In der Sonne wieder Sonne ist
Und Liebe wieder Liebe
Vertrauen Vertrauen
Und wir wieder Wärme in den Herzen haben
Und keinen Vertrag dafür unterschreiben müssen
Bei den Stadtwerken oder bei irgendeinem Netzbetreiber
Wir haben genug Funkeln in uns
Um Feuer zu legen
Wir können die Mauern aus MTV & RTL
Niederreißen, indem wir einfach
Die Geräte erschießen
Wir schalten sie einfach ab!
Wisst ihr
Als ich heute früh
Begriff, dass unsre Sonne
Immer für uns lebt
Dass kein Präsident & keine Kanzlerin
Kein Faschist & kein Nachrichtensprecher
Irgendeinen Einfluss auf
Dieses Wunder hat
Wusste ich, dass sich
Revolte immer noch lohnt!
….ändert sich anfangs ständig, denn der Fussgänger ist bestrebt, den kürzesten Weg zu finden. Im Grunde sucht der würdevoll per pedes Dahinschreitende immer die Diagonale zwischen den ihm bekannten Wegpunkten. Beim ersten Mal orientiert der fussläufig sich Fortbewegende sich an dem, zuvor meist mit dem KFZ zurückgelegten Weg, der aber regelhaft nicht der kürzeste ist. Später, wenn sich die ersten Landmarken dem Unmotorisierten eingeprägt haben, wird er mutig und optimiert den Weg zusehends durch immer gewagtere Abkürzungen. Diese entpuppen sich manchmal als Sackgassen und sind dem Vorankommen des edlen Wanderers sogar abträglich. Manche Tore, so sagt man, sind nur zu bestimmten Tageszeiten geöffnet. Stets den richtigen Weg zu gehen, erfordert ein gerüttelt Mass Erfahrung vom dahineilenden Zweibeiner. Dann scheint er den richtigen, den kürzesten Weg gefunden zu haben, und Routine schleicht sich heimtückisch in die Schritte des sympathischen Sohlengängers. Bis eine Baustelle kommt….
Ist das nicht gleichsam eine Parabel auf das Leben selbst? Nein? Nicht? Gut, dann eben nicht.
Paradox ist, vor einem geschlossenen Restaurant zu stehen und zu sagen: “Hier gibts nichts zu fressen, ich könnte kotzen.”
Oh, wie ich es hasse! Man ist eigentlich pumperlgesund, will irgenwas banales kaufen - z.B. ein paar Stützstrümpfe für Tante Manfred oder medizinische Schuhcreme für Opas Ledergebiss - und dann steht man in der Schlange und hinter und vor einem rotzt und schnieft es, es schnäuzt und sabbert, es räuspert und schleimt, dass man Angst haben muss, eine tödliche Influenzainfektion gratis zur Vogelgrippe im Vorteilspack angehängt zu bekommen. Beim Arzt dann genau das gleiche Bild: Alle Patienten krank. Widerlich!
Endlich gibt es ein Parfüm namens “Puma”. Toll! Da kann man endlich mal nach Puma riechen, obwohl man frisch gewaschen ist. Erstrebenswert!