Sit plenum venter in corpore sano!
November 19th, 2008 at 10:37
Geschrieben von max in Allgemein

Heute brachte ich einen Aufkleber: “Bitte keine Reklame” an meinem Briefkasten an, denn bereits in der ersten Woche seit meinem Einzug hatte ein malefiziöses Heer von Zettelausträgern meinen Briefkasten mit ihrem Zettel- und Zeitungsmüll vollgestopft.

Es wollte der Zufall, dass neben mir gerade ein Austräger einer kostenlosen Werbepostille sein lästiges Werk verrichtete und mich tatsächlich fragte, ob ich mir nicht ein Exemplar mitnehmen wolle. Ich antwortete mit einem hintergründig mürrischen “Nein, Danke!”, zog den mitgebrachten Aufkleber aus der Tasche und klebte ihn auf die Briefkastenklappe - nicht ohne mir dabei heimlich ins Fäustchen zu lachen.

Der Zeitungsausträger, ein schätzungsweise 55jähriger, leicht ramponierter Typ, war empört: “Damit machen Sie die Zeitung kaputt!” sagte er in vorwurfsvollem Ton und starrte mich an, wie ein Fabrikarbeiter den Insolvenzmanager. Ich sah mich genötigt, mich zu rechtfertigen - wollte ich doch niemandem etwas Böses, sondern nur einfach in Ruhe gelassen werden mit dem Werbemüll und den Zeitungen, deren Aufmacher in der Regel die tolle, neue Rabattaktion von Fliesen-Kiessling ist. Also entschuldigte ich mich: “Tut mir leid” bedauerte ich, “aber ich will diese Zeitung nicht haben!” “Ja, aber dann verlieren wir alle unseren Job!” gab der Zeitungsheini mit hängenden Tränensäcken zurück.

Ich lasse mir wirklich nur ungerne sagen, ich sei durch mein Tun und Unterlassen verantwortlich für den Jobverlust eines Unglücklichen - und so versuchte ich mit der chronischen Briefkastenverstopfung zu argumentieren: “Wenn ich mal ein paar Tage nicht da bin, dann ist mein Briefkasten mit dem ganzen Werbezeugs verstopft! Und da wird immer weiter nachgestopft und meine Post passt nicht mehr rein! Ich will das nicht! Und abgesehen davon brauche ich es nicht. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie auch nur eine Zeile in so einer Zeitung gelesen. Ich kann Ihnen da nicht helfen.”
Der Zeitungsmann war nicht bereit, seine Perspektive auf die Dinge durch meine zu erweitern: “Wegen so was werden wir arbeitslos! Und die Zeitung geht kaputt wenn keiner…..” Ich drehte mich um und ging, während mir der Unheilsprophet der von mir verschuldeten Massenarbeitslosigkeit noch weiter hinterher rief.
Er hatte wohl spitz gekriegt, dass mich der Anwurf, seine zukünftige Notlage verschuldet zu haben, nicht ganz kalt gelassen hatte. Bevor sich die Aufzugstür schloss, hörte ich ihn noch sagen: “….und wir verlieren unsere Arbeit! Das hat nämlich alles zwei Seiten….”

Und nun? Jetzt werde ich wohl oder übel meine Ersparnisse dazu verwenden müssen, eine Anzahlung auf einen Schaufelradbagger zu leisten. Ich brauche zwar keinen Schaufelradbagger, aber wenn ich ihn nicht kaufe, gehen in der schaufelradbaggerverarbeitenden Industrie Arbeitsplätze verloren. Und wer möchte da schon gerne schuld sein? Also ich nicht!


One Response to “Tutorial: Soziale Marktwirtschaft”

  1. 1
    Kay Said: @14:54 

    Hi Max! Ich freue mich sehr, dass es hier wieder losgeht. Das Blog und ich haben Dich sehr vermisst. Und als ich diesen Beitrag gelesen hatte, wusste ich auch, warum.

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